Liebste Freundin,
was ich dir schon immer sagen wollte.
Als ich dich vor ungefähr 10 oder 11 Jahren im Internet kennenlernte verband uns sofort etwas, was andere nicht sehen konnten. Ein tiefes, ruhiges Verständnis füreinander und viele, viele Gespräche schmiedeteten ein festes Band zwischen uns.
Deine Eltern hatten sich damals grade getrennt, und deswegen ging es dir nicht gut. Ich wusste so gut wie du dich fühlst, denn ich hatte das Ganze damals Jahre vorher schon durchgemacht. Ich hörte dir zu und stand dir zur Seite.
Die meisten Internetbekanntschaften verlaufen sich im Sand der Zeit, aber wir haben immer wieder zueinander gefunden.
Es dauerte eine Weile bis wir uns zum ersten Mal trafen, da die Entfernung zwischen uns leider sehr groß ist. Anfängliche Unsicherheit und Nervosität war schnell wie weggeblasen, denn da war er: Der Mensch hinter den unzähligen Telefonaten und Chats, der Mensch, der mich immer verstand.
Du hast mich durch viele, viele schwere Zeiten begleitet. Meine Zeit im Internat war sehr schwer für mich und all meine Sorgen, meine Gedanken fanden immer wieder in langen E-Mails an dich Platz, die du sehr gewissenhaft und voller Liebe jeden Tag beantwortet hast.
Diese Zeit hat mich sehr an dich gebunden. Du hast mich über Wasser gehalten und mir geholfen, du warst für mich da, mehr als jeder andere Mensch es je gewesen ist. Du hast einfach zugehört und verstanden, niemals etwas abgewunken oder klein gemacht. Jede Sorge war für dich greifbar und ernst. Du hast mich nie allein gelassen, sondern immer zusammen mit mir Lösungen gesucht.
Ein solcher Mensch wie du ist unbezahlbar. Ich konnte dir alles erzählen, einfach bedingungslos alles und wusste, jeder Gedanke, jedes Wort ist bei dir sicher aufgehoben.
Du konntest beobachten wie ich über die Teeniejahre hinweg immer mehr depressiv wurde und du warst die jenige die ich Nachts anrufen konnte, wenn ich wieder keinen Schlaf fand, wenn der Schmerz zu groß war. Du hast mich weinen lassen, mich reden lassen und mir immer klar gemacht, dass ich nicht allein bin.
Du warst diejenige, die Einzige, die mir geholfen hat zu verstehen, dass ich eine Therapie brauchte, um wieder auf die Beine zu kommen. Dabei hast du es sogar ertragen, dass ich manchmal wütend auf dich war, wenn du das vorgeschlagen hattest. Ohne dich, wäre ich heute nicht, wo ich bin.
All die Jahre haben wir uns so selten gesehen, und doch haben wir es immer mal geschafft uns gegenseitig zu besuchen, und wenn es nur alle 2-3 Jahre vorkam. Wie oft haben wir uns gewünscht dichter beieinander zu wohnen? Sich in Arm nehmen zu können, sich anzuschauen, sich zu trösten und auch Spaß miteinander zu haben. Das war uns nie vergönnt. Bis heute wünsche ich mir, wir würden irgendwann um die Ecke von einander wohnen.
Ich habe dich monatelang durch Trennungen begleitet, habe mit dir gelitten und versucht dich festzuhalten, damit du nicht abrutscht. Ich habe jeden Tag jede Nachricht einer geliebten Person mit dir analysiert, dir mit Rat zur Seite gestanden und versucht dich zur Vernunft zu bringen.
Manchmal hörten wir uns einige Zeit nicht. Wir wussten dann, dass es dem Anderen gut geht, denn er brauchte uns nicht so sehr. Das war okay, wir wusste immer, wir sind füreinander da, wenn es drauf ankommt.
Es war für mich das allerschönste, dass du schließlich vor über 2 Jahren meine Trauzeugin warst. Ich habe mir immer gewünscht eine Freundin zu haben, die mich sehr lang durch mein Leben begeleitet und dann sogar soweit mit mir geht, dass sie meine Trauzeugin sein kann. Und du warst perfekt! Du hast mir jeden Wunsch am schönsten Tag meines Lebens aus den Augen abgelesen und warst jederzeit an meiner Seite und hast den Tag zauberhaft leicht für mich gemacht!
All die Jahre warst du der einzige Mensch, der geblieben ist. Soviele Menschen kamen und gingen. Aber du, du bist immer geblieben.
Du hast nach meiner Hochzeit eine schwere Trennung durchgemacht und die hat dich verändert. Du hast verzweifelt versucht den Weg zurück ins Leben zu finden, den Schmerz zu verdrängen und frei zu sein.
Am Anfang konnte ich dich noch begleiten, aber ich habe manchmal das Gefühl auf dem Weg zu einem neuen Leben hast du mich zurückgelassen.
Ich weiß, dass ich so wenig von dir höre, liegt daran, dass es dir gut geht.
Dennoch hast du dich verändert. Ich sehe all diese Fotos von dir und erkenne dich kaum wieder. Äußerlich und auch seelisch hast du einen Sprung gemacht, dem ich so schnell nicht folgen konnte.
Manchmal, da entwickeln sich Menschen plötzlich auseinander, und ich habe Angst, dass dies jetzt uns betrifft. Ich kann dich nicht sehen, ich weiß nicht mehr wer du bist und frage mich, ob du das selbst noch weißt. Ob dieses Mädchen mit den blonden Locken, dem roten Lippenstift und den vielen sportlichen Freunden wirklich sie selbst ist.
Es war kurz die Rede davon, dass wir uns diesen Sommer sehen und irgendwie hast du dich dann aber nicht wieder gemeldet und dann warst du soviel unterwegs... und so frei... und wunderbar.
Und ich,... ich saß immernoch hier und schaute dir zu.
Ich möchte, dass du glücklich bist. Ich freue mich, wenn es dir gut geht und du lebst. Ich möchte, dass du dich wohl fühlst und dich trotzdem nicht verstellst.
Vielleicht ist es so, vielleicht bist das jetzt du, ohne verstellen. Und ich, ich bin noch die Alte. Unser Weg ist im Moment vielleicht zu weit voneinander entfernt.
Das passiert manchmal.
Aber was ich dir noch sagen wollte:
Ich vermisse dich.
Manchmal finden Wege vielleicht aber auch wieder zusammen.
Das Ganze ist eine Aktion zu dem Buch "Press Play - Was ich dir noch sagen wollte" aus dem Ravensburger Verlag und wurde durch Blog dein Buch organisiert.
Wow, was für ein wunderwunderschöner Text! Ich drücke dir/euch ganz fest die Daumen, dass ihr wieder zueinander findet. So eine Freundschaft scheint schon fast unerreichbar... Das dürft ihr nicht verlieren!
AntwortenLöschenAlles Liebe,
Mareike
meinelesechallenges.blogspot.de
Oh dankeschön!! Das ist sehr lieb von dir :-)
LöschenFreut mich wenn es dir gefällt!
LG